GLOBAL DAY OF CLIMATE ACTION 29.11.2019, Braunschweig
Am 29.11.2019 fand der 4. Globale Klimastreik von FridaysForFuture statt, mit Demonstrationen in mehr als 150 Ländern.
Allein in Deutschland sind in 519 Städten etwa 630.000 Menschen unter dem Motto #NeustartKlima auf die Strasse gegangen,
die von der Bundesregierung forderten, das 1,5°C Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. In Braunschweig waren es etwa 4.000 Teilnehmer, Schüler, Studenten, Auszubildende, Eltern, Gewerkschaften, Wissenschaftler, Rentner, die sich um 14:30 auf dem Schlossplatz versammelten. Es gab verschiedene Redebeiträge, mit der Unterstützung diverser Braunschweiger Chöre wurde das Klimalied „Do it Now!“ gesungen und im Anschluss zog die Demonstration mit vielen selbstgemalten Plakaten, Transparenten und lebhaften Rufparolen durch die BSer Innenstadt. Zurück am Schlossplatz angekommen, war dann die Abschlusskundgebung und zum Ausklingen trat Fabian Römer plus Band auf.
Eine rundum gelungene Veranstaltung, die von den vielen Schülern und Studenten von FridaysForFuture wieder einmal hervorragend organisiert wurde!
Hier ist die Rede
der The Scientists4Future Braunschweig, die die Forderungen von FridaysForFuture nach einem Kohleausstieg bis 2030 und Treibhausgasemissionen netto Null sowie 100% erneuerbare Energien bis 2035 unterstützen:
“Redebeitrag Scientists4Future Braunschweig zum FridaysForFuture „GLOBAL DAY OF CLIMATE ACTION“, 29.11.2019
Die Wissenschaft hat die Auswirkungen der Treibhausgas-Emissionen seit Jahrzehnten aufgezeigt und trotzdem steigt die CO2-Konzentration jährlich um etwa 2,5 ppm. Die vorindustrielle Konzentration betrug etwa 280 ppm, bei meiner Geburt 1976 betrug sie 330 ppm und heute, im November 2019 haben wir 410 ppm.
Ein Überschreiten der verschiedenen Kipppunkte des Klimasystems muss unbedingt verhindert werden, da sonst über eine Kaskade sich selbst verstärkender Rückkopplungseffekte eine unkontrollierbare und unaufhaltsame Temperaturerhöhung die Folge wäre, mitsamt aller damit verbundenen, katastrophalen Folgen für die Menschheit und die Ökosysteme. Der letzte Sonderbericht des Weltklimarats IPCC „1,5° Globale Erwärmung“ (2018) hat eindringlich auf die Gefahr von unkontrollierbaren Rückkopplungseffekten und den Auswirkungen auf Mensch und Ökosysteme jenseits 1,5°C hingewiesen:
Auftauen der Methanhydrate in Permafrostböden und Schelfmeeren, Eis-Albedo Rückkopplung, beschleunigter Meeresspiegelanstieg, Kipppunkt Westantarktis, Rückgang der Meereisbildung – was der Motor für das System der Ozeanströmungen ist, dem „Kreislaufsystem der Erde“, Sauerstoffmangel in der Tiefsee und Ausbreitung anoxischer Zonen, Verschiebung von Klimazonen, Häufigere Extremwetterereignisse, Wüstenbildung, Einbruch der Nahrungsmittelproduktion, Versauerung der Ozeane, Verschiebung der Artenzusammensetzung, sowie Degradierung und Gefahr des Zusammenbruchs ganzer Ökosysteme.
Der Niedergang der Korallenriffe durch immer häufigere, stärkere und weiträumigere Hitzewellen ist bereits in vollem Gange und wir laufen große Gefahr, dieses faszinierende und artenreiche Ökosystem für immer zu verlieren, sollte die globale Durchschnitts-temperatur im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um mehr als 1,5°C ansteigen.
Wir sind tatsächlich mitten drin in einem neuen Massenaussterbe-Ereignis, wie man im jüngsten IPBES Gutachten vom Mai 2019 nachvollziehen kann. Das Problem ist, dass wir – als Individuum, als Mensch – das nicht unmittelbar erfahren oder spüren, da wir praktisch in „Zeitlupe“ leben, denn unsere eigene Lebensspanne ist in geologischen Zeitskalen kürzer als ein Wimpernschlag. Diese Veränderungen sind jedoch heute bereits so gravierend, in der Vergangenheit wurde wertvolle Zeit im Kampf gegen die Klimakrise verschwendet, dass es JETZT unmittelbares, energisches Handeln erfordert. Es ist tatsächlich so, wie Greta Thunberg völlig richtig feststellt, dass „unser Haus brennt“ und wir schleunigst etwas dagegen tun müssen.
Dem verweigert sich jedoch die Bundesregierung. Sie verfehlt – wiederholt – die eigens gesetzten Klimaschutzziele. Sie handelt nicht einmal entsprechend der Expertengutachten, welche sie selber in Auftrag gegeben hat. Ihr „Klimapaket“ ist nicht nur nicht ausreichend, nein, es konterkariert, es verhindert geradezu die notwendige, schnelle Energiewende hin zu einer Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien und weg von der Verbrennung fossiler Energieträger.
Die Scientists4Future Braunschweig unterstützen ausdrücklich die Forderungen von FridaysForFuture, die darauf abzielen, dass Deutschland seinen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen einhält:
- Treibhausgas-Emissionen Nettonull bis 2035
- Kohleausstieg bis 2030
- 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035
Weiter, fordern FridaysForFuture bis Ende 2019 – bis dahin ist noch ein Monat Zeit –
- Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger
- 1/4 der Kohlekraft abschalten
- Eine Steuer auf alle Treibhausgasemissionen.
Diese Forderungen sind notwendig, realistisch durchführbar und entsprechen dem Stand der Wissenschaft, um die globale Erwärmung auf max. 1,5°C zu begrenzen.
Das 23-seitige Papier „Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030“, genannt „Klimapaket“, wird diesem Ziel in keinster Weise gerecht:
- Statt der von FridaysForFuture geforderten sozial gestalteten CO2-Steuer, einer wirksamen Bepreisung von Treibhausgasen – z.B. mit gleichmäßiger Rückverteilung an die Bevölkerung in Form einer Klimadividende – setzt die Bundesregierung auf einen völlig unzureichenden, wirkungslosen und zu spät greifenden Emissionshandel, der in der gegenwärtigen Gestaltung keinerlei Lenkungswirkung haben wird.
- Die gegenwärtig etwa 46 Mrd. € an direkten und indirekten Subventionen FÜR Fossile Energien, also deren Bevorteilung mit Steuergeldern, wird überhaupt nicht angetastet.
- Der dringend notwendige Ausbau der Erneuerbaren Energien wird hingegen mit zusätzlichen Auflagen, etwa für die Windenergie, weiter behindert.
Hier sind zwischen 2016 und 2018 bereits 000 Arbeitsplätze weggefallen.
Es besteht die Gefahr, dass die Windenergie das gleiche Schicksal erleidet, wie die deutsche Solarenergie-Branche, in der durch wesentliche Änderungen im EEG, insbesondere in 2012, etwa 80.000 Arbeitsplätze weggefallen sind. Diese Änderungen im EEG haben durch verschiedene Wirkmechanismen zur Stagnation der bis 2013 relativ dynamischen Energiewende geführt.
Die bundesweiten Scientists4Future stellen fest:
„Wissenschaftler*innen entsetzt über Mutlosigkeit des Klimapakets
Bundesregierung ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse zur Klimakrise“
Hier in Braunschweig unterstützen die Scientists4Future die Forderung von FridaysForFuture Braunschweig, dass Braunschweig, so wie bereits tausende andere Städte weltweit und gestern sogar das EU-Parlament, den „Klimanotstand“ ausrufen muss. Leider wurde ein entsprechender Antrag im Mai diesen Jahres vom Rat der Stadt Braunschweig abgelehnt. Diese Entscheidung sollte dringend noch einmal überdacht werden.
Braunschweig muss Vorreiter und Vorbild sein, auf dem Weg zu einer nachhaltigen Stadt.
Das Forderungspapier von FridaysForFuture Braunschweig bietet hierfür einen sehr guten und fundierten Leitfaden.
Wir Scientists4Future werden mit den Schülern, Studenten, Auszubildenden, den älteren Generationen und verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen weiterhin demonstrieren und wir versprechen, unseren Protest noch ausweiten. Solange, bis die deutsche Bundesregierung und der Rat der Stadt Braunschweig entsprechende Klimaschutzmaßnahmen umsetzen, die dem Ziel gerecht werden, die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen.”
PDF Download:
FFF Forderungen für den Klimaschutz
Forderungspapier FFF BS
S4F BS Redebeitrag 191129