… wird ausgewachsen nur 24 mm groß und zählt damit zu den kleinsten Wirbeltieren weltweit. Man überlege nur wie klein sein Herz sein mag, oder seine Nahrung, wie klein sind wohl die Jungtiere, wenn sie schlüpfen?

Hippocampus bargibanti lebt in Gorgonien der Gattung Muricella an strömungsexponierten Orten meist unterhalb von 20 m Tiefe und ist in Form und Farbe perfekt an ebendiese angepasst. Die Tiere sind wirklich extrem schwer zu entdecken. Sie sind auch nicht besonders häufig und leben nicht in jeder Gorgonie… Diese umgebungsbezogene Tarnung, die auch als Mimese bezeichnet wird, kennt man ja u.a. von Angler- oder Skorpionsfischen und von vielen weiteren Meerestieren, aber die Pygmäenseepferdchen haben dies wirklich zur Perfektion getrieben. Das ist wohl auch der Grund dafür, daß diese Art erst 1970 eher zufällig entdeckt und beschrieben wurde.

Von H. bargibanti gibt es 3 verschiedene Farbformen in rosa, gelb und orange, die in ebenso gefärbten Muricella-Gorgonien leben. Eine Artbestimmung der Gorgonie an Hand von Fotos ist nicht möglich, in der Gattung gibt es 35 beschriebene Arten.
Laut Literatur leben die rosafarbenen Seepferdchen in der Art Muricella plectana, die gelben und orangenen Seepferdchen in Muricella paraplectana. Der Seepferdchen-Körper ähnelt dabei jeweils dem Zwischengewebe des Gorgonien-Stamms, während die warzenförmigen Tuberkel die EINGEZOGENEN Korallenpolypen nachahmen. Somit ist ihre Tarnung bei geöffneten Polypen „schlechter“ als bei geschlossenen Polypen. Wenn nun ein potentieller Fressfeind des Seepferdchens die Gorgonie berührt, worauf diese ihre Polypen einzieht, so ist die Tarnung perfekt!

Nach H. bargibanti sind noch sieben weitere Pygmäenseepferdchen-Arten mit Gesamtlängen zwischen 13 und 30 mm beschrieben worden. Nach einer weiteren Artbeschreibung in 2002 haben viele Taucher und UW-Fotografen weltweit systematisch danach gesucht:
Hippocampus denise (Lourie & Randall, 2002), H. colemani (Kuiter, 2003), H. severnsi (Lourie & Kuiter, 2008), H. pontohi (Lourie & Kuiter, 2008), H. satomiae (Lourie & Kuiter, 2008), H. waleananus (Gomon & Kuiter, 2009), H. debelius (Gomon & Kuiter, 2009). Weitere werden wohl folgen.
ERGÄNZUNG (29.8.2018): im August 2018 wurde einer weitere Pygmäenseepferdchen-Art, die um die Izu-Islands vor Japan lebt, beschrieben: Hippocampus japapigu. Gesamtlänge 16mm.

Von allen Pygmäenseepferdchen hat H. bargibanti das größte Verbreitungsgebiet von Japan bis Queensland und östlich bis Vanuatu.
Es ernährt sich von herbeidriftendem Zooplankton, welches es möglicherweise nicht direkt aus dem Wasser aufnehmen kann. Die Planktonpartikel müssen erst von den Polypen der Gorgonie gefangen oder festgehalten werden, wo sie nun von dem Seepferdchen herausgepickt werden können. Diese winzigen Tiere müssen ständig fressen, um zu überleben. Eine weitere Besonderheit ist, dass ihre Kiemen auf der Kopfoberseite miteinander verschmolzen sind.

Bis vor kurzem war über die Lebensweise von H. bargibanti nur wenig bekannt und vieles unklar. So war z. B. strittig, ob ihre Fortpflanzung so wie bei den anderen Seepferdchen abläuft, nämlich dass das Weibchen die Eier in die Bauchtasche des Männchens legt, in der die Eier befruchtet werden und heranreifen, bis schließlich die fertigen Jungtiere aus der Bauchtasche des Vaters schlüpfen.
Eine weitere Frage war, ob die Tiere sich farblich ihrer gelben oder rosafarbenen Wirtskoralle anpassen können, oder ob ihre Färbung genetisch festgelegt sei und sich die gelben, bzw. rosafarbenen Seepferdchen die passende Gorgonie suchen müssen.
Auch über die Verdriftung der Jungtiere zu anderen Gorgonien und ihre Verbreitung in andere Regionen war kaum etwas bekannt. Es wurde vermutet, dass sich die Jungtiere nach ihrer planktonischen Phase auf verschiedenen Substraten niederlassen, bevor sie zu ihrer Muricella Gorgonie wandern.

Vieles, was wir heute über die Lebensweise, Verhalten und Fortpflanzung von Seepferdchen wissen, stammt von Aquarienbeobachtungen. Viele Arten werden regelmäßig nachgezüchtet. Ein Pflegeversuch des Pygmäenseepferdchens im Waikiki-Aquarium auf Hawaii in 2003 scheiterte am Überleben der Wirtsgorgonie. Die Biologen Charles Delbeek und Norton Chan zogen damals den Schluß, daß die stabile Pflege von Muricella die entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche Pflege des Pygmäenseepferdchens ist. Dann, im Juni 2014 der Durchbruch – nach der über 3-jahrelangen erfolgreichen Pflege von Muricella in einem Spezialbecken für azooxanthellate Korallen im Steinhard Aquarium in San Francisco wurde im Mai 2014 ein Pärchen H. bargibanti eingeführt. Nur 4 Wochen später gelang den Biologen Richard Ross und Matt Wandell die Zucht:
Das morgentliche Balzritual, die Paarung, bei der das Weibchen die Eier in die Bauchtasche des Männchens legt, sowie die Geburt der Jungtiere konnten gefilmt werden (siehe links). Alle 14 Tage werden 10-70 Jungtiere freigesetzt. Die Jungtiere sind bei ihrer Geburt etwa 5 mm groß und wurden in einem Kreiselbecken mit Copepoden-Nauplien und später mit Artemia-Nauplien gefüttert. Nach 18 Tagen planktonischer Lebensweise ließen sie sich auf ihrer Gorgonie nieder.
Auch die Frage nach der Färbung konnte nun geklärt werden: Gelbe H. bargibanti, die auf einer gelben Muricella Gorgonie leben, können Jungtiere produzieren, die auf einer rosafarbenen Gorgonie ebenfalls deren Farbe annehmen.

© Stephan Moldzio / Marine Biology Workshops (2015)