Am 10. und 11. Oktober fand im „Haus der Wissenschaft“ in Braunschweig ein Korallenbestimmungs-Workshop mit Russell Kelley, Autor des „CORAL FINDER“ statt.

Russell Kelley ist Geologe, Wissenschaftskommunikator und Begründer des „Coral Identification Capacity Building Program“ (CICBP), welches das Ziel hat, immer mehr Menschen für die Korallenbestimmung zu befähigen. Diese Fertigkeit ist nicht nur für Riffmonitoring, Schutz und Management der Korallenriffe unabdingbar, sondern auch für die Gemeinde von Sporttauchern, Schnorchlern und Meeresaquarianern von Interesse. Nach dem Leitspruch „Be your own guide“ kann mit dem CORAL FINDER jeder Naturfreund – also auch jemand, der kein eingefleischter Zoologe oder Taxonom ist – Korallen schnell und einfach auf Gattungsniveau bestimmen. Ergänzend wurden rund um den CF umfangreiche und frei verfügbare Ressourcen, Filme und Trainingsmaterialien entwickelt, die auf www.byoguides.com angesehen werden können. Bisher wurden vom CICBP zahlreiche Workshops mit bisher etwa 500 Teilnehmern durchgeführt. Nach seinen Workshops in Australien und anderen Ländern des Korallendreiecks und Pazifiks, war es Russells erster Workshop in Deutschland und sein zweiter in Europa. Am Samstag morgen fanden sich nun mit großen Erwartungen zehn Teilnehmer ein, darunter drei aus dem Ausland, die extra für den Workshop angereist waren! Unter den Teilnehmern waren drei Meeresaquarianer, sowie sechs Meeresbiologen, die an Riff-Monitoring-Programmen beteiligt sind. Das Workshop-Material umfasste neben dem CORAL FINDER und verschiedenen Ausdrucken, ein Toolkit für den praktischen Gebrauch, einschließlich eines USB-Sticks mit weiteren hilfreichen Materialien und allen Trainings- und Revisionmovies in hoher Auflösung. Zur Kurseinführung stellte Russell die Methode des CORAL FINDER vor und gab ein paar praktische Tips für den Gebrauch über und unter Wasser. Der Umgang mit dem CORAL FINDER wurde mit verschiedenen Aufgaben und Tests geübt. Dies geschah anhand von Fotos ganzer Kolonien und Detailaufnahmen, oder die Teilnehmer konnten sich mit Lupe bewaffnet an den Korallenskeletten, sowie an lebenden Korallen versuchen. Zwischendrin ging Russell ausgiebig auf „schwierige Fälle“ oder „Ausnahmen von der Regel“ ein, die mal wieder zeigten, wie mannigfaltig und fließend die Natur in Wirklichkeit ist. Das macht es den Taxonomen nicht gerade leicht, die bestrebt sind, dies in Kategorien zu fassen. Für die Bestimmungsübungen wurden von der Fa. GREEN CORALS aus Braunschweig insgesamt 33 Nachzucht-Korallen aus 24 Gattungen zur Verfügung gestellt:

Acanthastrea, Acropora, Alveopora, Blastomussa, Caulastrea, Duncanopsammia, Euphyllia, Favites, Galaxea, Goniopora, Hydnophora, Lobophyllia, Montipora, Pavona, Physogyra, Platygyra, Porites, Seriatophora, Stylophora, Turbinaria, sowie Tubipora, Heliopora, Millepora, Sinularia.

Die Korallen sind im Aquarium mit Strom aus 100% Erneuerbaren Energien herangewachsenen. Zusätzlich standen gebleichte Korallenskelette, ebenfalls aus verschiedensten Gattungen, bereit. Wie bestimme ich nun eine vor mir liegende Koralle? Hier gibt es sozusagen einen Standardablauf für den Gebrauch des CORAL FINDER: Wo sind die Polypen? Wo ist der Mund? Was für Wände haben die Koralliten? – Getrennte, gemeinsame oder undeutlich verschwommende Wände? Gibt es Septen, Costae oder Septo-Costae? Womöglich sogar „paliform lobes“? Wie groß sind die Polypen? So startet man mit der Frontseite des CF und entscheidet sich für eine bestimmte „Key-Group“. Beispielsweise „massive oder dicke Kolonien“, und dann genauer z.B. „Koralliten mit getrennten Wänden; < 8mm“. So wird man direkt von der Frontseite auf die „Look-Alike-Page“ auf Seite 10 verwiesen, wo sich uns für diese Merkmalskombination vier Gattungen anbieten: Favia, Montastrea, Astreopora und Cyphastrea. Dann, ein kurzer Check mit unserem „Eye-Brain-Supercomputer“, mit dem wir Menschen automatisch und blitzschnell Formen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten erkennen können. Nun können wir möglicherweise schon einzelne Gattungen ausschließen, oder andere gezielt ins Auge fassen. Nach dem Check der “1x True Scale Box” gilt es nun, die genauen Merkmale mit den „Character informations“ abzugleichen: Teilen sich die Polypen oder bilden sie Knospen (intra-/extra-tentacular budding)? Sind die inneren Kelchwände („Septae“) immer annähernd gleich groß, oder sind sie immer abwechselnd unterschiedlich groß ? Stehen die größeren Koralliten mehr hervor, als die Kleinen? Haben die Koralliten ein „zackiges“ Erscheinungsbild? Weisen die äußeren Kelchwände („Costae“) feine Stacheln auf? Oder hat das Gewebe zwischen den Koralliten kleine perlenförmige Erhebungen? So wird man sich nun für eine Gattung entscheiden und wird auf die Seiten im entsprechenden Band von „Corals of the World“, dem aktuellen Standardwerk der Korallentaxonomie verwiesen. Zum Schluss noch ein paar gute Nachrichten für all diejenigen, die diesen hervorragenden Workshop verpasst haben: Anstelle der vormals teuren Bestellung aus Australien ist der CORAL FINDER seit kurzem über ein internationales Verkaufssystem erhältlich! Hier kann auch der erst vor einem Monat veröffentlichte REEF FINDER bestellt werden, der nach einer ähnlichen Methode wie der CORAL FINDER funktioniert: http://www.byoguides.com.

In wenigen Monaten wird es ein frei verfügbares und sogar interaktives Update des im Jahre 2000 veröffentlichten „Corals of the World“ geben, in dem die neueren taxonomischen Erkenntnisse berücksichtigt sind: http://coralsoftheworld.com